InnoTwin: Der digitale Zwilling der deutschen Gesellschaft - Einblicke in die Data Science mit Lina Mograby
Lina ist Medizinstudentin mit einem Fokus auf Neurowissenschaften, Fellow der European Academic Foundation und war 2024/25 Fellow bei be.boosted. Sie gehört damit zu einer internationalen und interdisziplinären Community von Changemakern.
Ihre Interessen reichen von Philosophie bis Neuroimaging, von SQL bis Data Quality Control und von experimenteller Forschung bis zu Outreach und Communication.
Im Rahmen des DBU-Projekts InnoTwin bringt Lina ihr breites Skillset ein, um einen digitalen Zwilling der deutschen Gesellschaft mitzugestalten.
Wir haben mit ihr über ihren Weg zum Projekt, ihr Interesse an digitalen Zwillingen und ihre Vision für die Zukunft der Neurowissenschaften gesprochen.
DBU: Lina, du bist aktuell u. a. Medizinstudentin mit einem Fokus auf Neurowissenschaften. Wie bist du auf das Projekt InnoTwin aufmerksam geworden – und was hat dich daran besonders interessiert?
Lina: Ich bin zufällig über LinkedIn auf das Projekt aufmerksam geworden und war direkt Feuer und Flamme. So oft hatte ich mir schon gedacht “man müsste doch Gesellschaften simulieren und die Outcomes von mehreren Simulationen auswerten können”. Neben meinem Studium interessiere ich mich schon länger für gesellschaftswissenschaftliche Themen und träumte schon länger davon, in einem interdisziplinären Team mein Verständnis vom Gehirn einzubringen und in Theorien der Soziologie, Politikwissenschaft oder Philosophie zu integrieren. Außerdem hat mich die Möglichkeit gereizt, die comfort zone von einem “klassischen” Job als Medizinstudentin in einer Klinik oder Praxis zu verlassen und die einzige Medizinerin in einem Team zu sein. Das war neu für mich und ist bis jetzt sehr lehrreich!
DBU: Was genau ist deine Rolle im Projektteam und an welchen Aspekten arbeitest du konkret mit?
Lina: Als Werkstudentin im InnoTwin Projekt beschäftige ich mich aktuell damit, wie man Entscheidungsprozesse und auch grundlegendes Verhalten von Agenten besser modellieren kann. Das Spannende dabei ist, dass nicht realitätsgetreue Annahmen über die Agenten auf einer Mikroebene zu veränderten Simulationsergebnissen auf einer Makroebene führen können. Ich werde dementsprechend zukünftig dabei helfen, unsere Agenten zu konzipieren. Und natürlich bin ich – wie alle Teammitglieder sonst auch – in ganz allgemeine Diskussionen etwa zur Methodik des Projekts involviert.
DBU: Als Fellow und Teil globaler Netzwerke hast du Einblicke in viele internationale Entwicklungen. Was findest du besonders spannend am Ansatz von InnoTwin?
Lina: Ich finde besonders spannend, dass InnoTwin nicht versucht, die eine wahre Zukunft vorherzusagen, sondern unterschiedliche Zukünfte sichtbar und diskutierbar macht. Das Projekt verbindet technologische Modellierung mit gesellschaftlicher Reflexion – und schafft damit eine Grundlage, um komplexe Entscheidungen transparenter und partizipativer zu gestalten. Der demographische Wandel oder aber fehlende Kapazitäten in Kindertagesstätten sind konkrete Themen, die die deutsche Gesellschaft auch in den nächsten Jahren sicherlich weiter beschäftigen werden und mithilfe von Simulationen wollen wir ermöglichen, konkrete Szenarien durchzuspielen. Solche Ansätze sind sicherlich nicht nur auf deutscher Ebene vielversprechend, sondern könnten auch international etwa für politische Entscheidungsträger spannende Informationen zu möglichen Zukunftsszenarien liefern.
DBU: Glaubst du, dass digitale Zwillinge langfristig auch im neurowissenschaftlichen Bereich Anwendung finden werden? Welche Potenziale oder Herausforderungen siehst du hier – und wie könnten sich Data Science und Medizin sinnvoll ergänzen?
Lina: Ich bin überzeugt, dass digitale Zwillinge auch in der Neurowissenschaft großes Potenzial haben – sei es für die personalisierte Medizin, die Planung klinischer Studien oder das Verständnis von komplexen Erkrankungen wie Depression oder Demenz. Die Herausforderung wird darin liegen, die enorme Komplexität des Gehirns angemessen abzubilden und dabei ethische Fragen im Blick zu behalten. Wenn Medizin und Data Science gut zusammenarbeiten, können wir Modelle schaffen, die individualisierte Prognosen erlauben und Forschung deutlich effizienter machen. Dafür braucht es aber interdisziplinäre Teams, gute Datenstandards – und eine Kultur des kritischen Hinterfragens.
DBU: Was motiviert dich persönlich, dich mit so vielen verschiedenen Themen – von Philosophie bis Data Science – zu beschäftigen?
Lina: Die Neugier! Laut Erzählungen meiner Eltern wollte ich schon in einem jungen Alter möglichst viel von der Welt verstehen und über die Jahre hat sich das auch nicht wirklich verändert. Ich bin davon überzeugt, dass wir über interdisziplinären Dialog viel weiter kommen, als wenn alle Fächer unter sich bleiben. Gerade an der Schnittstelle zwischen Disziplinen entstehen für mich die spannendsten Fragen – und oft auch die kreativsten Lösungen. Wenn ich über Philosophie nachdenke, hilft mir das, medizinische Fragen neu zu rahmen. Wenn ich Datenanalysen mache, denke ich gleichzeitig über ihre gesellschaftlichen Implikationen nach. Diese Querverbindungen geben mir Energie und das Gefühl, dass Lernen nie aufhören muss!
DBU: Vielen Dank, Lina, dass du uns diese spannenden Einsichten in den InnoTwin, Data Science und die Schnittstelle zu Neurowissenschaften gegeben hast.